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Vor einiger Zeit bin ich auf einen Trend aufmerksam geworden: SeaFood Boil. Dabei werden Krebstiere in einer großen Tüte mit Mais, Kartoffeln und einer Würzmischung serviert. Es sah in den Videos immer so unfassbar gut aus, dass ich es selber mal probieren wollte! Ich suchte mir einen gut bewerteten Laden aus und fuhr hin. Das Restaurant war hübsch und gemütlich dekoriert. Auf der Speisekarte standen die typischen SeaFood Boils und Pasta zur Auswahl. Ich entschied mich für eine Boil mit Snow Crab Legs, Lobster Tail und Muscheln. Als das Essen ankam, konnte ich es kaum erwarten loszulegen. Ich nahm mir einen Nussknacker zur Hilfe, um die Snow Crab Legs zu öffnen - es war eine nervige Arbeit. Es stellte sich heraus, dass es nicht wirklich was „zu essen“ gab. Die Beine der Snow Crab waren so dünn, dass da kaum Fleisch drin war. Ich pulte vor mich hin und hatte statt etwas zu Essen eine neue Beschäftigung bekommen. Lediglich am Lobster Tail war ein wenig was dran, aber davon wurde ich leider nicht satt. Ich saß dann am Ende da und musste feststellen, dass ich $75 für ein Essen ausgegeben hatte und unzufrieden und immer noch hungrig war. Normalerweise gebe ich nicht so viel Geld für Essen aus - das sollte etwas Besonderes sein. Tja, man lernt dazu. Es war ein purer Reinfall. Damit man davon satt wird, müsste man circa das doppelte von dem Preis ausgeben. Das ist mir dann aber doch deutlich zu viel Geld. Immerhin habe ich es jetzt ausprobieren können. Das könnte dann eher etwas sein, was ich Zuhause selber machen werde.
Neben dem SeaFood Boil Restaurant gab es einen Laden mit exotischen Tieren. Enttäuscht betrete ich den Laden. Das erste, was ich sah: Vogelspinnen. Ganz viele Spinnen! Die haarigen Biester waren gerade aktiv und bewegten sich durch ihre kleinen Boxen. Ich fand sie ganz interessant, aber mein menschlicher Überlebenssinn gewann und so ging ich zum nächsten Terrarium. Schildkröten, Echsen und Schlangen waren dort zu sehen. Sogar ein kleines Chamäleon hatte dort seinen Platz. Es glotzte mich verwundert durch die Scheibe an - es war Liebe auf den ersten Blick! Wenn es nach mir ginge, hätte ich nicht nur das Capybara von der letzten Tour mitgenommen, sondern wäre jetzt auch noch Chamäleon-Mama geworden. Oh man, wem will ich das erzählen? Der deutsche Zoll würde mir bei meiner Heimreise einen Vogel zeigen.. Apropros Vogel: Im Hintergrund hat man in dem exotischen Tierladen immer mal wieder ein leicht aggressives „What doing?“ vernommen. Zwischen einer angelehnten Tür konnte ich einen Papageien erkennen, der durch die Tür mit mir kommunizieren wollte. Ich wusste selber nicht „what doing“, also machte ich mich wieder auf den Weg hinaus.
In der Nähe gab es eine Halle mit Bowling Bahn, Arcade und Indoor Inlineskating. Bowling war sogar jeden Donnerstag im Angebot, also ging es für mich eine Stunde auf die Bahn. Ich habe ganz vergessen, wie grottenschlecht ich im Bowling spielen war. Aber es geht ja nur um den Spaß. ;) Als die letzte Runde beendet war, lief ich am Ausgang entlang und sah die Inlineskating Bahn. vor 10 Jahren habe ich in einem Inline Kunstlauf Verein das Fahren gelernt - ich konnte sogar Pirouetten drehen und war auf Turnieren! Ich wollte schauen, ob ich noch einiges von damals konnte. Spoiler: Ich habe mich komplett überschätzt. Meine Annahme war, dass man sowas nicht verlernt. Plötzlich fühlte ich mich wieder wie ein Anfänger, der das erste Mal auf den Rollen steht. Meine Beine waren wackelig und das Gleichgewicht zu halten viel mir schwer. Von einem „Rittberger“ konnte ich nur träumen. Nicht mal mehr bremsen konnte ich! Es viel mir alles unglaublich schwer. Es war demütigend zu realisieren, dass alle hart trainierten Jahre weg waren. Nach ein paar Runden auf der Bahn merkte ich jedoch, dass es irgendwo immer noch in mir schlummerte: Übertreten war möglich und in die Hocke setzen ging auch. Alles noch etwas wackelig, aber vom Prinzip her wusste ich schließlich immer noch, wie es ging. Nach einer Stunde verlies ich mit gemischten Gefühlen die Bahn. Ich war traurig, dass mein Körper nicht mehr dazu in der Lage war, sein Gleichgewicht auf die Art und Weise zu halten, wie er es einst tat. Auf der anderen Seite wusste ich in der Theorie immer noch, wie man einzelne Schritte umsetzt. Mir wurde also bewusst: Ich kann es jederzeit wieder erlernen, wenn ich es will!
Mit der neu erlangten Erkenntnis besuchte ich ein „German Language Meetup“, welches in einem Restaurant stattfinden sollte. Ich dachte, dass es lustig ist, sich mit ein paar Leuten zu treffen und sich kennenzulernen. Dort angekommen gesellte ich mich neben einige von ihnen und begrüßte sie. Zwei nette Amerikaner stellten sich vor. Ich unterhielt mich mit ihnen über die verschiedensten Sachen. Einer von den beiden konnte flüssig deutsch sprechen. Zuerst dachte ich, dass er deutscher wäre, da man kaum Akzent bei ihm rausgehört hatte. Er hat 5 Jahre in Deutschland gelebt und will wieder zurück, wenn er genug Geld gespart hatte, erzählte er mir. Die alten Innenstädte in deutschen Großstädten begeisterten ihn und er mag insbesondere die Landschaften und schönen Wälder außerhalb des ganzen Trubels. Verständlich, dachte ich mir. Nach einiger Zeit verabschiedete er sich. Ich rutschte auf der Bank auf und saß nun jemand anderem gegenüber. Es war tatsächlich der Host, der das Meetup vor 22 Jahren gegründet hatte - so lange, wie er bereits selbst in Austin lebt. Ich fragte ihn, warum er damals ausgewandert ist. Die Antwort war simpel: Er war ein „Tech-Guy“ und in Sachen Internet gab es in Deutschland nichts. Deshalb studierte er in den USA und blieb letztendlich auch dort. Spannende Geschichte. Ein paar andere am Tisch sind ebenfalls ausgewanderte, die seit einigen Jahren hier lebten. Dass ich solche Lebensgeschichten höre, habe ich von dem Treffen nicht erwartet - eher ein Austausch mit Amerikanern, die deutsch lernen wollen oder einen Bezug zu Deutschland haben. War ein cooles Treffen! Man wurde herzlich empfangen und direkt ins Gespräch mit einbezogen. Deshalb war es nicht weird, dort zu sitzen und niemanden zu kennen. Auch eine Stunde nach Ladenschluss später standen wir immer noch draußen und haben uns gut unterhalten.
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